Big Island

14.3. bis 19.3. >    Mit Hawaiian Airlines fliegt es sich von Honolulu eine lässige Stunde. Sogar auf der Heckflosse des Fliegers prangt eine entzückende Polynesierin mit Hibiskus im Haar und Palmwedel im Hintergrund und auch hier begrüßt uns jeder mit „Aloha“ und bedankt sich für den Flug mit „Mahalo“. In Hilo bekommen wir bei unserer Ankunft vom Alamo Car Rental einen schwarzen fast fabrikfrischen Jeep, Torsten flippt aus! Da wir erst am Nachmittag in unser B&B einchecken können, fahren wir durch Puna an die Südostküste auf der Suche nach einer Bademöglichkeit. Fehlanzeige! Außer weiten Wegen und Jurassic-Park-ähnlichen dirt roads nur steile Klippen mit etlichen Warnschildern (Danger! Strong current!). Nehmen 3 Tramper um die 20 vom US-Festland ein Stück mit, die erzählen uns von „tide pools“ und „hot ponds“ in der Nähe. In Pahoa noch schnell im von Hippies und Arbeitslosen umlagerten Supermarkt eingekauft und dann mit Wegbeschreibung auf den Knien zu unserem abgelegenen B&B „Art& Orchids“ zwischen Pahoa und Hilo. Die Besitzer sehen aus wie putzige norwegische Wald-Trolle, beide über 50. Jerry ist Elektriker und Orchideenzüchter, Marklyn war früher auf dem Festland Zugschaffnerin und macht jetzt neben dem B&B-Geschäft in Kunst. Ihre bunten Fliesenmosaike zieren u.A. auch unseren Badezimmerfußboden. Sie ist herb und freundlich mit einem überaus ansteckenden Lachen, bei dem beide Hände auf dem Kopf oder den Oberschenkeln landen. Sie kann sogar ein bisschen Deutsch, weil sie als Schülerin mal eine Weile in Wuppertal verbrachte. 5 Nächte verbringen wir dort, bei viel Regen am Morgen und nächtlichem lautstarken Geflöte von Baumfröschen, die immer die selben zwei Töne von sich geben und erst morgens an die vielen bunten Vögel abgeben. Es gibt leckeres selbstgemachtes Müsli mit Macadamia-Nüssen von der Insel und frisches Obst wie Guave, Papaya, Banane und Surinam-Kirschen, alles direkt aus dem eigenen Garten, in dem uns freilaufende Hühner mit Helge-Schneider-Nihil-Baxter-Frisur mit Frühstückseiern beschenken. Die ersten 3 Nächte sind wir die einzigen Gäste, was die abendliche Einsamkeit in der grünen Einöde noch unterstreicht. Hier haben wir endlich auch Internetanschluss, sodass wir mit unserem IPhone unsere Email mit Hochzeitsfoto absetzen können und bald darauf erfreuen wir uns an den lieben Antworten und guten Wünschen. Torsten beginnt zu jammern, dass wir auf Big Island nur Vulkane und Regenwald aber keine Strände sehen. Die Küsten sind einfach überall schroff und unnahbar, surfen wäre hier lebensgefährlich. Aber es gibt andere Highlights.

Big Island- der Name kommt nicht von ungefähr: Alle anderen Inseln Hawaiis zusammen würden Big Island flächenmäßig nur zur Hälfte füllen und die Insel wächst immer noch. Denn der Vulkan Kilauea ist noch aktiv und der Mauna Loa direkt nebenan hat zwar seit den 1980er Jahren nicht mehr gespuckt, ist aber überfällig und für große Ausbrüche bekannt. Die Entfernungen auf Big Island sind enorm. Wegen der Größe haben wir immer lange Strecken zu fahren. Ich entpuppe mich als Strategin und packe den Lonely Planet nur noch beim Schlafen zur Seite- um hier was zu sehen, muss man die Tage besser planen, denn auch hier geht die Sonne schon um 18:30 unter. Der Volcanoe National Park ist ein Highlight. Wer will, kann hier tagelang über Geröll und Lavafelder wandern und sogar zelten. Der Eintritt gilt eine ganze Woche und kostet uns zusammen nur 11$. Alle Inseln Hawaiis sind durch einen unermüdlich Lava sprudelnden Hotspot tief unter dem Meeresgrund entstanden. Die Platte, auf denen die Inselkette liegt, schiebt sich darüber seit Jahrmillionen von Jahren nach Westen. Big Island als jüngste Insel liegt zwar noch auf dem Hotspot aber inzwischen entsteht schon die nächste Perle in der Kette, ca. 35 km vor der Küste und einen Namen hat sie auch schon: Loihi. Bis Loihi die Wasseroberfläche durchbricht, wird es wohl aber noch ein paar Tausend Jahre dauern. Die Forscher glauben, dass sich Loihi mit Big Island verbinden wird, denn die neue Insel wächst schräg hinauf zur Südostküste. Ein Stück von ihr gibt es in einer Vitrine im Besucherzentrum zu bestaunen. Spektakuläre Eruptionen und Lavaströme im Nationalpark haben wir leider um einige Tage verpasst. Kurz vor dem Beben in Japan hatte sich in der Nähe des Kilauea eine neue Spalte aufgetan, davon hatten wir schon auf Oahu gehört. Doch aufgrund der momentanen Windlage blockieren starke Schwefeldämpfe den direkten Zugang und auch die Chain of Crater road runter zum Pazifik, wo sich oft Lavaströme ins Meer ergießen, ist aus Sicherheitsgründen verbarrikadiert. Den Besuchern des Parks bleibt nur ein Film im Besucherzentrum mit spektakulären Luftaufnahmen der kochenden Erde. In der nächsten Woche kann es vielleicht wieder mehr zu sehen geben, schließlich ist hier alles im Fluss, sagen die Ranger. Durch unzählige seismografische Mess-Stationen wird die unterirdische Aktivität im  Park rund um die Uhr überwacht. Ausbrüche kündigen sich oft tagelang vorher durch viele Mikrobeben wehenartig an, so wie vor dem Japan-Beben. Wer ein echter Hobby-Vulkanologe ist, checkt hier regelmäßig die Website des Parks.

Wir schließen uns einem guided walk mit Ranger Charlene an und entern ein riesiges Becken mit einem erkalteten Lavasee, der 1959 während des Ausbruchs des Kilauea Iki enstanden ist. Damals flog 35 Tage lang Lava in die Luft, 540 Meter hoch, das ist bis heute die höchste Lavafontäne weltweit. Tausende kamen damals in Autos und Bussen, warteten geduldig 20km im Stopp&Go, nur um sich 10 min das Spektakel aus sicherer Entfernung anzuschauen. Heute gehen wir bis in den alten Schlot hinein und sehen es hier und da noch ein bisschen dampfen, wo Regenwasser in schmale Risse eingedrungen ist. Die Lava ist zwar oberflächlich fest und kalt, aber in 20 m Tiefe noch ziemlich heiß. Wir lernen viel von Charlene, von den zwei Lavatypen (dem glatten Pahoehoe und dem bröseligen scharfkantigen A’a), der Feuergöttin Pele, auf deren Konto alle vulkanische Aktivität geht und deren Haar man auch unterwegs findet (Lavatropfen, die bei der Eruption durch Wind so langgezogen wurden, dass lange Glasfäden entstanden sind). Und auch der „Healer of the Forest“ begegnet uns: eine farnähnliche Pflanze, die im Anfangsstadium aussieht wie eine von Menschen entwickelte violette Rankhilfe. Überall versucht sie, Wege zu überwachsen und von den Schritten der vielen Besucher zu „heilen“. Im Anschluss besichtigen wir noch eine Lavaröhre, eine Höhle, die durch einen Lavafluss durch einen Berg hindurch entstanden ist.

Einen Tag gehen wir nördlich von Hilo baden und sehen große Meeresschildkröten (Honu) aus dem Wasser gucken und nach Luft für die nächsten 15-20 min schnappen. Zwischen den vielen Wellenreitern sieht das nicht ungefährlich aus. In Pahoa essen wir im Kaleo’s Bar & Grill mit rührender Ukulele-Live-Music und in den Tide Pools an der Südostküste gehen wir schnorcheln.

Die Fahrt zum berühmten Waipio Valley schaffen wir nicht mehr, aber zum Mauna Kea fahren wir hoch, ein erloschener Vulkan, 4200 m hoch, aber streng genommen größer als der Mt Everest, denn seine gesamte Höhe vom Fuß unter Wasser bis zum Gipfel beträgt ca. 10 205 m. Der Gipfel ist beliebt, um von dort den Sonnenuntergang zu sehen, wir fahren schon früher hoch, um dort zu wandern. Auf halber Höhe sollen wir uns mind. 20 min im Visitor Centre akklimatisieren und schauen uns einen Film über die Mars-Expeditionen der USA an. Professionelle Sternengucker, die nach oben zum Arbeiten wollen, hocken hier neben Touristen auf Bänken und trinken Kakao. Gut, dass wir unseren Jeep haben, denn nur wer Allradantrieb hat, darf von hier noch weiter rauf, die Piste im obersten Abschnitt ist nämlich nicht mehr befestigt. Es wird steil, eng und staubig. Kurz vor dem Gipfel machen wir einen Stopp und wandern. Irre, wie anstrengend in dieser Höhe jeder Schritt ist! Wir gehen 1 Stunde, gefühlt wie 3. Torsten ist ein bisschen übel und wir sind beide leicht bräsig. Aber die Aussicht ist zum Niederknien. Unter uns die Wolken, über uns die Sonne und die vielen Observatorien, die sich wie Pingpong-Bälle vor den rotbraunen Geröllhängen abzeichnen. Maximal 5 Meilen pro Stunde darf man hier fahren, um den Astronomen aus aller Welt nicht die weltbeste Sicht auf die Planeten zu vernebeln. Eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang steigen wir noch hinauf zum Gipfel, wo Muschelketten und gebundene Pflanzen als Opfergaben im beißenden Wind wehen. Hier liegt sogar Schnee! Zum Sonnenuntergang stehen wir dann wieder 20 Meter tiefer neben vielen anderen Touristen, die jetzt erst kurz vor knapp in Shuttle-Bussen zum Parkplatz hochgekarrt werden. Das Orange des Sonnenspiels in den Wolken strahlt mit der Farbe der Daunenjacken und Mützen der Japaner neben uns um die Wette. Wahrscheinlich muss man das machen, geht mir durch den Kopf, dann kann man Menschengruppen besser auseinander halten hier in der Dunkelheit, so ganz nach dem Motto: „Nee, du bist orange, du kannst nicht mit uns Gelben wieder runterfahren.“ Nach dem spektakulären Sonnenuntergang kurven wir im Stockdunkeln den Berg hinab und ca. 3 Stunden wieder nach Hause. Großartig wars da oben!
Auf Spiegel-Online verfolgen wir die Entwicklungen in Fukushima. Der Kampf der Tagelöhner gegen die drohende Kernschmelze. Wer hätte das gedacht, dass es so schlimm kommt dort drüben? Was für ein Desaster. Die Deutschen kaufen wie bescheuert Geigerzähler, lesen wir. Die Hawaiianer bleiben cool und uns bleibt auch nichts anderes übrig. Wenn wir hier ein Problem bekommen sollten, werden wir es früh genug erfahren.
Schnell noch unserer Vermieterin ein paar selbstgemachte Lesezeichen abgekauft und fast einen Schwelbrand in unserem Zimmer verursacht (Hatten versehentlich einen Lichtschalter bedient, dessen Birne am anderen Ende schon durchgebrannt war...und plötzlich roch es so nach verschmortem Gummi...Bis wir kapiert haben, was das sein konnte! hatten schon an einen Waldbrand draußen gedacht..), dann geht’s ab nach MAUI!

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Friedhelm (Mittwoch, 25 Mai 2011 09:57)

    Die Reportage von Michaela und die Fotos
    von Torsten sind so gut, daß sie auch
    in Reisezeitschriften veröffentlicht werden können.Ich freue mich schon auf die Fortsetzung....
    PS, es wäre schön, wenn zu jedem Bericht,das Datum angegeben würde.

  • #2

    Gerd (Montag, 30 Mai 2011 19:39)

    Hallo Friedhelm, bist Du's? Schön hier was von Dir zu hören. Ich hoffe, Dir und Deiner Frau geht es gut. Herzlichen Gruss, Gerd